TÜV-Report 2022: Verheerendes Zeugnis für Tesla Model S

In einer Sonderauswertung vergleichen TÜV-Experten die beliebtesten E-Autos der vergangenen Jahre. Teslas Model S schnitt so schlecht ab wie ein Fahrzeug, das nur ein Zehntel so viel kostet.

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Dennis Merla
Im TÜV-Report 2022 konnte das Tesla Model S nicht überzeugen
In einer Sonderauswertung des TÜV Report 2022 konnte das Tesla Model S nicht überzeugen [Bildquelle: Adobe Stock]

Was haben ein Dacia Logan (Neupreis: ab 8.000 Euro) und ein Tesla Model S (ab 101.600 Euro) gemeinsam? Richtig: Die Mängelquote bei ihrer ersten Hauptuntersuchung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Sonderauswertung des TÜV-Verbands im Rahmen des TÜV-Report 2022. Dafür verglichen die Experten die HU-Ergebnisse der vier beliebtesten Elektroautos der vergangenen Jahre.

Was ist der TÜV-Report?

Die Prüforganisation TÜV überprüft unter anderem den technischen Zustand von Pkw in Deutschland. Besteht ein Fahrzeug die Prüfung, erhält es die HU-Plakette, die den technisch einwandfreien Zustand des Autos gegenüber den Behörden dokumentiert. Weil die Prüforganisation im Laufe eines Jahres sehr viele Fahrzeuge unter die Lupe nimmt, veröffentlicht der TÜV-Verband jährlich den sogenannten „TÜV-Report“. In ihm fasst der TÜV die Ergebnisse aller innerhalb eines Jahres durchgeführten Hauptuntersuchungen zusammen. Damit gibt der TÜV-Report 2022 Aufschluss darüber, welche Probleme bei welchem Fahrzeugmodell immer wieder auftreten. Für den TÜV-Report 2022 wertet die Organisation die Ergebnisse aus 9,6 Millionen Hauptuntersuchungen aus.

In diesem Jahr ergänzt den TÜV-Report 2022 eine Sonderauswertung einiger E-Auto-Modelle. Begründung laut TÜV-Verband-Geschäftsführer Joachim Bühler: „Erstmals sind ausreichend viele Elektroautos bei den TÜV-Prüfstellen vorgefahren, um eine vorläufige Bewertung der technischen Sicherheit der Fahrzeuge vornehmen zu können.“ In die Sonderauswertung flossen demnach das Tesla Model S, der BMW i3, der Renault Zoe und der Smart Fortwo Electric Drive ein. Die Ergebnisse beschreibt der Verband als „durchwachsen“.

TÜV-Report: Jedes zehnte Model S fällt durch

Zur Einordnung: unter den 2 bis 3 Jahre alten Fahrzeugen mit einem Verbrennungsmotor liegt der Anteil der Pkw mit „erheblichen Mängeln“, also Mängeln, die eine Vergabe der HU-Plakette verhindern, im Durchschnitt bei 4,7 Prozent.

Von den vier E-Fahrzeugen der Sonderauswertung schneidet der Smart Fortwo Electric Drive mit einer Mängelquote von 3,5 Prozent am besten ab. Integrieren wir den elektrischen Zweisitzer in die Gesamtliste der 128 im TÜV-Report 2022 aufgeführten Automodelle, landet der Smart Fortwo im oberen Drittel. Der BMW i3 trifft mit einer Mängelquote von 4,7 exakt den Mängelschnitt und belegt damit den zweiten Platz. Häufig beanstandeten die Prüfer Defekte beim Abblendlicht sowie an den Bremsscheiben. Dem Renault Zoe bescheren überdurchschnittlich häufig auftretende Probleme an der Achsaufhängung und Defekte bzw. falsche eingestellte Scheinwerfer eine Mängelquote von 5,7 Prozent. In der Gesamtliste geprüfter Fahrzeuge landet der elektrische Kleinwagen damit bereits im unteren Drittel.

Das Tesla Model S schneidet mit einigem Abstand am schlechtesten ab. Jedes zehnte Tesla Model S (10,7 Prozent) fällt bei der ersten Hauptuntersuchung durch. Wieder in die Gesamtliste aller geprüften Modelle integriert, lägen hinter dem Tesla Model S lediglich der Dacia Duster und der Dacia Logan – zwei der günstigsten Verbrenner-Modelle auf dem Markt. Mängel an den Nebelscheinwerfern, dem Abblendlicht und häufig auftretende Probleme an Querlenkern beanstandeten die Experten. Die Datenbasis der Sonderauswertung setzt sich aus 1.142 HU des BMW i3, 1.939 HU des Renault Zoe, 1.645 HU des Smart Fortwo Electric Drive und 812 HU des Tesla Model S zusammen.

Häufige Schwachstelle bei E-Autos: die Bremsen

Die Wartung und die Reparatur von E-Autos ist günstiger als bei Verbrennern, weil viele fehleranfällige Komponenten schlichtweg fehlen. E-Autos besitzen weder Abgasanlage, noch Abgasreinigung, Turbolader, Zahnriemen, Zündkerzen oder Kraftstoffpumpe – folgerichtig können diese Teile auch nicht kaputtgehen. Dafür leiden E-Autos deutlich häufiger unter Rost an ihren Bremsscheiben. Das ist eine Systemkrankheit ihrer Technik. Wegen der Rekuperation betätigen E-Auto-Fahrer*innen die Bremse nur selten.

Um die Reichweite zu erhöhen, wandeln E-Autos über die Rekuperation Brems-Energie in Strom um, und speisen diesen in die Batterie ein. Heißt: ist die Rekuperation eingeschaltet und die Fahrenden nehmen den Fuß vom Fahrpedal verzögert (bremst) das Fahrzeug von allein. Viele E-Modellen bringt man damit sogar bis zum Stillstand. In der Folge betätigen Fahrer*innen die Bremse nur sehr selten und Rost breitet sich ungehindert auf den Bremsscheiben aus. Joachim Bühler rät deshalb: „Besitzer von E-Autos sollten die Bremsen möglichst bei jeder Fahrt betätigen und diese regelmäßig warten.“

Bei der ID-Familie greift Volkswagen aus genau diesem Grund auf ältere Technik zurück. Die Erfahrungen zeigten, dass insbesondere die Bremsscheiben an der Hinterachse schnell von Rost befallen waren. Deshalb bremsen ID.3, ID.4 und Co. an ihren Hinterachsen mit Trommelbremsen.

Was wird bei E-Autos zusätzlich geprüft?

Ein Elektroauto besitzt weniger und teilweise andere Komponenten als ein Auto mit Verbrennungsmotor. Im Speziellen bei Elektroautos prüfen die Organisationen unter anderem den Akku – derzeit jedoch nur per Sichtprüfung eines Sachverständigen – und die Akku-Befestigung. Daneben kontrollieren sie Isolierungen, Leitungen, Anschlüsse und Stecker. Auch die Wegfahrsperre mit eingestecktem Ladekabel wird getestet. „Das Ladekabel selbst wird bisher nicht geprüft, weil es dafür keine Mitführpflicht gibt“, sagt Bühler. „Eine Mitführpflicht für Ladekabel müsste erst gesetzlich verankert werden, bevor diese bei der HU geprüft werden können.“D

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