Der BMW iX xDrive50 im Test: Preis, Reichweite

Der BMW iX ist das modernste Elektroauto von BMW – doch die gute Technik steckt im falschen Körper. Der BMW iX xDrive50 im Alltagstest.

Heiko Dilk
Heiko Dilk
BMW iX driviertel Frontansicht
Der BMW iX pflegt den protzigen Auftritt. Bei rund fünf Metern Länge und zwei Metern Breite geht es auch schwer anders. Im Test zeigt der iX xDrive50, ob hinter der provokanten Doppelniere ein vernünftiges Elektroauto steckt. [Bildquelle: TeamOn GmbH]

Als BMW-Sympathisant hat man es nicht nur leicht in den letzten Jahren. Ein SUV jagt das nächste. Auch, wenn man die Fahrzeugklasse bei BMW SAV nennt („Sports Activity Vehicle“) und lieber ein M zu viel auf die Heckklappe klebt als eins zu wenig: Mit sportlicher Aktivität haben mannshoch aufragende Blechburgen in etwa so viel zu tun wie Darts mit, nun ja, sportlicher Aktivität.

Ich mache mir Sorgen, dass das nicht besser wird. Und das hat auch mit dem BMW iX zu tun. Das 4,95 Meter lange SUV wird von BMW als eine Art „Leuchtturm“ außerhalb der regulären Baureihen platziert. Es soll, wie bei Leuchttürmen üblich, den Weg weisen. In die elektrische und in die digitale Zukunft von BMW.

Pro

Das gefällt uns am BMW iX
  • Komfortables Fahrwerk
  • Wertige Materialien
  • Modernes Infotainment
  • Sehr gute Sprachsteuerung
  • Kräftige Motoren

Kontra

Das gefällt uns weniger am BMW iX
  • Sperrige Abmessungen
  • Für die Akkugröße geringe Reichweite
  • Fragwürdiges Design
  • Hoher Anschaffungspreis

BMW iX xDrive50: Richtiger Antrieb im falschen Auto

Logisch also, dass ein elektrischer Antriebsstrang der neuesten (bei BMW: fünften) Generation im iX steckt. Im getesteten iX xDrive50 leisten die beiden Motoren gemeinsam 385 kW (523 PS) und mobilisieren 765 Newtonmeter Drehmoment. Der an der Vorderachse kommt auf 190 kW (258 PS), der hinten leistet 230 kW (313 PS). Es geht ein Ruck durch dieses Auto, wenn man das Fahrpedal plötzlich aufs Bodenblech presst. Und dabei muss man nicht mal in den Sport-Modus schalten. Was mittels einer Taste geschieht, die mit „My Modes“ beschriftet ist. Früher nannte man das mal Fahrerlebnisschalter.

Es ist auch weiterhin ein Erlebnis, wenn 2,7 Tonnen in 4,6 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen. Aber, wie sagte der Lotus-Gründer Colin Chapman: „Mehr Leistung macht dich auf der Geraden schnell. Weniger Gewicht macht dich überall schnell.“ Er meinte Kurven. An denen hat man wenig Freude im BMW iX, wenn sie die Geraden auf handelsüblichen Landstraßen verbinden. Mühsam – das beschreibt das Bemühen, geschätzte 15 Kubikmeter Auto um die Ecken zu wuchten, ganz gut.

Die Nase des BMW iX mit BMW-Logo
Die BMW-Niere baut hoch beim iX, hinter dem güldenen Paneel sitzen Sensoren, die später einmal Level-3-Autonomie mögliche machen sollen. [Bildquelle: TeamOn GmbH]

BMW iX im Test: Ein Komfort-Cruiser

Lassen wir das. Das Fahrverhalten des iX gefällt besser, wenn man ihn nicht hetzt. Er federt als xDrive50 serienmäßig mit Luft und schluckt grobes Pflaster, Kanten und Buckel weitgehend unbeeindruckt. Bei Langsamfahrt kippelt er zwar etwas, doch wie sollte er nicht, bei der Masse. Ansonsten schwingt er ungewöhnlich stark für einen BMW. Er fühlt sich deutlich weniger verbindlich an als die meisten anderen Modelle.

Was nichts Schlechtes ist. Den Fokus auf Komfort zu legen, ergibt in einem SUV ohnehin mehr Sinn. Er fährt extrem vibrationsarm, leise und sanft. Nur aus den Radkästen poltert es zuweilen zu sehr für ein Luxus-SUV dieser Preisklasse.

BMW Operating System 8: Gute Sprachsteuerung

Hübsch loungig sitzt man vor der feinen Microfaser auf dem Armaturenbrett. Und schüttelt ob der Bedienelemente aus Kristallglas verwundert den Kopf. 1150 Euro sollen sie kosten. Wir würden verzichten. Auf dem Armaturenbrett platziert BMW ein großes, leicht gebogenes Display. Es beherbergt den digitalen Instrumententräger und das Infotainment. 12,3 und 14,9 Zoll messen die beiden Bildschirme, ein zusätzliches Head-Up-Display projiziert im Testwagen viele Infos in die Windschutzscheibe.

Die Funktionsvielfalt des Infotainments schüchtert im ersten Moment etwas ein. Doch BMW gelingt es, die Funktionen in verschiedenen Apps zu sammeln, dass man sich überraschend gut zurecht findet. Der Homescreen lässt sich mit Kacheln personalisieren, alles sieht hübsch aus. Richtig gut funktioniert die Sprachsteuerung, die im Test tatsächlich das meiste versteht, was uns so in den Sinn kommt. „Hey BMW, mach das Dach durchsichtig“, mag komisch klingen, doch wenn das Panorama-Glasdach Sky Lounge an Bord ist, weiß der iX, was zu tun ist. Er schaltet es elektrochromatisch auf transparent. Wobei der Unterschied zu verschattet kleiner ausfällt, als erhofft.

Ein bisschen Gestensteuerung gibt es, wie bei BMW üblich, auch an Bord. Doch eigentlich stört die mehr als sie hilft, weil man sie beim Gestikulieren gerne mal aus Versehen aktiviert. Und sich dann wundert, warum der iX scheinbar eigenmächtig einen Schlagersender einstellt.

Stromzähler

0 km
Praxisreichweite
0 h
Ladezeit bei 11 kW
0 min
Ladezeit bei 195 kW
Die Mittelkonsole des BMW iX
Gibt es auch in weniger überkandidelt: Der kristalline iDrive-Controller auf der Mittelkonsole des BMW iX ist optional. Zum Glück. [Bildquelle: TeamOn GmbH]

Reichweite des BMW iX xDrive50: Nur in Ordnung

So tingelt man dahin im iX, und freut sich, dass die Passagiere hinten über reichlich Lümmelplatz verfügen und dass mit 500 bis 1.750 Litern genug Gepäck in den Kofferraum passt. Fürs Reisen. Das soll er ja können. Als Stadtflitzer qualifiziert er sich bei knapp fünf Metern Länge und 2,20 Metern Breite inklusive Außenspiegeln nicht. Doch mit 105,2 kWh Akkukapazität und bis zu 195 kW Ladeleistung sollte schon einiges drin sein auf der Langstrecke.

Ist es auch. Gemessen am Auto. Aber nicht gemessen an der Akkugröße. Im gemischten Betrieb kommt der BMW iX xDrive50 auf einen Alltagsverbrauch von rund 22 kWh/100 km. Bei recht konstanter Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn begnügt er sich mit 26 bis 27 kWh. Manch deutlich kleineres Auto gelingt das kaum besser. Nicht schlecht für den Brocken. Besonders effizient fühlt es sich trotzdem nicht an. Denn knapp 400 Kilometer Reichweite sind mau für einen Akku mit mehr als 100 kWh.

Der iX lädt nur mit 400-Volt-Technik, doch bis zu 195 kW sind möglich. Und weil der BMW seinen Akku bei Eingabe der Route zur Ladestation vorkonditioniert, nutzt der iX diese Ladelesitung sogar voll aus. Jedenfalls zwischen 10 und etwa 40 Prozent. Danach geht es auf etwa 160 kW runter, dann kontinuierlich bis bei 80 Prozent noch etwas weniger als 100 kW anliegen. Insgesamt ergibt sich ein guter Schnitt. Dennoch: Rund 40 bis 45 Minuten sollte man in der Praxis für 10 bis 80 Prozent rechnen.

An Wechselstrom lädt der iX nur träge. BMW spendiert ihm kurioserweise einphasiges Laden mit bis zu 7,4 kW. Dreiphasig erlaubt der Onboard-Lader jedoch nur 11 kW. Fürs Laden über Nacht daheim, dürfte es in jedem Fall genügen. An der öffentlichen Säule dauert es wegen Mahngebühren und Parkzeitbegrenzungen zu lange.

Die Rückleuchte des BMW iX
Der BMW iX misst rund 2,20 in der Breite, wenn man die Rückspiegel mitrechnet. In Autobahnbaustellen ist die linke Spur damit meist tabu. [Bildquelle: TeamOn GmbH]

Die Assistenzsysteme im iX haben noch Potenzial

Was dem iX beim Fahrspaß abgeht, macht er beim Spaß gefahren zu werden einigermaßen wett. Wobei: So richtig automatisiert nach Level 3 fährt der iX noch nicht. Zwar hatte BMW das angekündigt, alle dafür nötigen Sensoren sollen auch an Bord sein. Doch erlaubt ist es iX-Fahrenden noch nicht, sich bis 60 km/h auf der Autobahn vom Verkehrsgeschehen abzuwenden und dem Auto die Verantwortung zu übertragen. Vielleicht kommt das später.

Was an Bord und erlaubt ist, funktioniert einstweilen gut. Der iX hält schön die Spur sowie den Abstand und übernimmt auf Wunsch automatisch Tempolimits oder passt seine Geschwindigkeit an den Streckenverlauf an. Er bremst in Notfällen selbstständig, warnt bei querendem Verkehr, parkt fast ohne Hilfe ein und fährt bis zu 200 Meter autonom rückwärts. Jedenfalls, wenn er die gleiche Strecke vorher langsam vorwärts absolviert hat.

Was sonst noch wichtig ist? Es gibt den iX auch mit weniger Leistung als xDrive40. Der kostet 77.300 Euro und verfügt über 240 kW (326 PS). Würde uns völlig reichen, doch dann steckt ein deutlich kleinerer Akku im Unterboden. Die Reichweite beträgt dann laut Norm nur 372 bis 425 km und geladen wird mit maximal 150 kW. Ebenfalls im Angebot: Ein noch stärkerer iX namens M60. Der leistet 455 kW (619 PS), verfügt ebenfalls über den großen Akku und kostet 132.200 Euro. Doch schon der iX xDrive50 ist nicht wirklich günstig. Mindestens 100.000 Euro verlangt BMW, unser Testwagen landet mit allem Drum und Dran bei 127.610 Euro.

Ein Leuchtturm ohne Feuer

Alles in Allem ist der BMW iX kein schlechtes Auto. Aber auch kein gutes. Er verfügt zwar über ein prima Infotainment mit toller Sprachsteuerung, er fährt sanft und friedlich, bemüht sich um viele nachhaltige Werkstoffe und bringt ein schönes Paket an Assistenzsystemen mit. Doch bei der wichtigsten Disziplin der E-Mobilität, der Effizienz, schneidet er nur für sein Segment ordentlich ab. Gut 26 kWh bei Autobahn-Richtgeschwindigkeit und etwa 22 kWh sind höchstens für ein übergewichtiges SUV gut. Derweil fährt das Leuchtturmprojekt von Mercedes mit weniger als 10 kWh Durchschnittsverbrauch 1.000 Kilometer pro Akkuladung. 

Fazit:

Der iX beantwortet eine konkrete Nachfrage. Um modern zu sein, ist er zu groß, zu schwer, zu verbrauchsstark, zu wenig innovativ. Mir bleibt die Hoffnung, dass die Zukunft bei BMW anders vorfährt. Spätestens ab 2025 wird es wieder spannend. Dann soll mit der „Neuen Klasse“ eine komplett neue Plattform kommen. Vielleicht trägt sie ja auch einen supereffizienten 3er BMW. Irgendetwas, das Spaß macht.

Heiko | @MobilityTalk

Technische Daten – BMW iX xDrive50
ModellBMW iX xDrive50
Reichweite (WLTP)550-631 km
Reichweite (Test)591 km (Pendelfahrt), 395 km (Autobahn) , 508 km (Stadt) (Winter)
CO2-Ausstoß (mit deutschem Strommix, ohne Ladeverluste)66 g/km (Pendelfahrt), 97 g/km (Autobahn), 77 g/km (Stadt) (Winter)
Ladedauer DC35 Minuten (10-80 Prozent)
Ladeleistung DC195 kW
Ladedauer ACca. 11 Stunden
Ladeleistung AC11 kW
Kofferraum450 – 1750 l
Länge4.953 mm
Breite1.967 mm (2.203 mm inkl. Außenspiegel)
Höhe1.696 mm
Radstand3.000 mm
Gewicht2.585 kg
Zuladung635 kg
Akkukapazität111,5 kWh (brutto); 105,2 kWh (netto)
0-100 km/h4,6 s
Geschwindigkeit200 km/h
Leistung385 kW (523 PS)
Drehmoment765 Nm
AntriebElektrisch, Allrad (zwei Motoren)
Verbrauch (Norm)23,0-19,8 kWh/100 km
Verbrauch (Test)17,8 kWh/100 km (Pendelfahrt), 26,5 kWh/100 km (Autobahn), 20,7 kWh/100 km (Stadtverkehr) (Winter)
Basispreis100.000 Euro
Testwagenpreis127.610 Euro

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