Studie: E-Bikes und E-Scooter zum Leihen sind nicht umweltfreundlich
Wie nachhaltig sind Sharing-Räder und Roller? Eine Studie der ETH Zürich zeigt, dass die Leih-Gefährte kaum einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Anders sieht es mit privaten E-Bikes und E-Scootern aus.
Sharing-E-Bikes und E-Scooter sollen den Autoverkehr in den Innenstädten reduzieren und das Angebot von Bus und Bahn ergänzen. Soweit die Theorie. Eine Studie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) wirft nun jedoch Fragen nach der ökologischen Nachhaltigkeit dieser Angebote auf. Quintessenz: Die Leihräder und -Roller ersetzen Autofahrten nur in sehr geringem Maße.
Einerseits schauten sich die Forschenden der ETH Zürich die CO2-Emissionen entlang des Lebenszyklus – also den CO2-Ausstoß aus Produktion, Betrieb und Wartung der E-Scooter und E-Bikes an. Zum anderen analysierten sie das Nutzer*innen-Verhalten. „E-Scooter und E-Bikes wirken im Betrieb auf den ersten Blick klimaschonend, da sie keine Verbrennungsmotoren besitzen. Für ihre Klimabilanz ist letztlich aber entscheidend, welche Verkehrsmittel sie typischerweise ersetzen“, erklärt Daniel Reck vom Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT) der ETH Zürich.
Über drei Monate hinweg rekonstruierten die Wissenschaftler*innen über Positionsdaten, Buchungen und Umfragen rund 65.000 Fahrten mit acht verschiedenen Verkehrsmitteln in Zürich. Dabei flossen auch Daten zum Wetter und zu den jeweils verfügbaren Mobilitätsmöglichkeiten mit ein.
Schlechtes Zeugnis für shared E-Scooter und E-Bikes
Im Ergebnis kommt die Studie zu dem Schluss: „Sharing ist nicht gleich Caring“. Die Nutzer*innen der geteilten E-Scooter und E-Bikes ersetzen in Zürich hauptsächlich bereits vorhandene und damit nachhaltigere Verkehrsarten wie den Gang zu Fuß, den öffentlichen Nahverkehr oder die Fahrt mit dem Rad. In den seltensten Fällen dienten sie als Alternative für die Fahrt mit dem eigenen Pkw. Ähnlich fällt die Bilanz der E-Scooter aus: Sie werden häufig für Strecken benutzt, die die Nutzer*innen ansonsten zu Fuß zurücklegen würden.
Über Produktion, Betrieb (Laden) und Wartung emittieren die E-Bikes und E-Scooter damit mehr CO2 als die Verkehrsarten, die sie ersetzen. „Unter den aktuellen Nutzungsbedingungen schaden geteilte E-Scooter und E-Bikes dem Klima mehr, als dass sie nützen“, erklärt Reck.
Was die ETH Zürich nun in seiner Studie nachweist, deuteten vorangegangene Umfragen der letzten Jahre bereits an. So gab es 2021 eine Umfrage unter 4.000 E-Scooter-Fahrer*innen in Paris. Ergebnis: Fast die Hälfte der Befragten wäre ohne E-Scooter zu Fuß gegangen. Ein Drittel hätte ohne E-Scooter den ÖPNV genutzt und knapp 10 Prozent wären stattdessen auf das eigene Rad gestiegen. Gerade einmal 8 Prozent der Befragten gab an, für den E-Scooter auf die Fahrt mit dem Auto verzichtet zu haben.
ETH Zürich: Besser sind private E-Scooter und E-Bikes
Anders sieht es bei der Nutzung privater E-Bikes und E-Scooter aus. Laut der Studie ersetzen private elektrische Tretroller und E-Bikes deutlich häufiger die Fahrt mit dem eigenen Auto. Wer sich privat ein solches Gefährt anschafft, nutzt es bewusster als Auto-Ersatz. Geliehene Gefährte hingegen dienen lediglich als Zusatz oder Alternative zu ohnehin vorhandenen Mobilitätsarten wie Bus, U-Bahn und Tram. Die CO2-Bilanz privater E-Scooter und E-Bikes fällt auch deshalb besser aus, weil die Besitzer*innen ihre privaten Gefährte länger betreiben. Im Schnitt fahren sie doppelt so lange auf den Straßen wie die Sharing-E-Bikes und Sharing-E-Scooter.
Hier sehen die Forschenden der Hochschule Werbe-Potenzial bei den Shared-Bikes und -Scootern. „Während gemeinsam genutzte E-Bikes und E-Scooter kurzfristig die CO2 -Emissionen erhöhen, könnten sie langfristig zu einer nachhaltigen Mobilitätswende beitragen, wenn die Nutzung zum Eigentum führt“, schreiben die Autoren in der Studie.
Verleiher weisen Kritik der ETH Zürich zurück
Die Branche der Verleiher reagiert auf die Publikation der ETH Zürich kritisch. Die Plattform-Shared-Mobility, zu der E-Scooter- und E-Bike-Verleiher wie etwa Lime, Tier, Bird und Voi gehören, verweisen in einer Stellungnahme auf den multimodalen Aspekt ihrer Fahrzeuge. „Die Einschätzungen, dass E-Scooter einzig Strecken ersetzen sollen, die sonst mit dem Pkw zurückgelegt werden, halten wir für falsch“, schreiben sie darin.
In großen Städten ist der multimodale Ansatz über Busse, Straßenbahnen, Trams und U-Bahnen in der Regel bereits ausgeschöpft. Multimodale Lücken gibt es zumeist nur in den Randbezirken der Städte – diese könnten über die geteilten Mikromobile besser erschlossen werden. Doch gerade dort stellen Voi, Tier, Lime & Co. ihre E-Scooter in der Regel nicht auf.
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