Verkehrsregeln fürs Fahrrad in unseren Nachbarländern

Österreich, Niederlande, Frankreich, Italien oder Tschechien: Welche Unterschiede gelten in beliebten Urlaubsländern bei Verkehrsregeln fürs Fahrrad? mobility.talk gibt einen Überblick.

Björn Tolksdorf

Björn Tolksdorf

Radfahrer vor der Wallfahrtskirche Mariastein, Wörgl, Kitzbüheler Alpen, Tirol, Österreich, Europa || Modellfreigabe vorhanden

Das beliebteste Reiseziel der Deutschen? Deutschland. Das gilt auch für den Urlaub mit dem Fahrrad. Sei es in Kombination mit Bahn, Auto oder Camper oder bei einer Fahrradreise. Im eigenen Land kennen wir die Verkehrsregeln zumeist aus regelmäßiger Übung. Aber wie sieht es im europäischen Ausland aus? Radfernwege in Europa und zahllose lokale Möglichkeiten für Radtouren locken in den Nachbarländern: In Österreich, den Niederlanden, Frankreich, Tschechien, Italien, Polen, Belgien oder Dänemark.

Die Verkehrsregeln fürs Fahrrad ähneln sich zwar in den meisten europäischen Ländern. Trotzdem weichen die Bestimmungen im Straßenverkehr in vielen beliebten Urlaubsländern in wichtigen Punkten von denen in Deutschland ab, auch beim Fahrradfahren. Wir tragen Dir für den nächsten Fahrrad-Urlaub die wichtigsten Bestimmungen unserer Nachbarländer zusammen, soweit sie sich von den Verkehrsregeln in Deutschland unterscheiden.

Österreich: Helmpflicht für Kinder

Österreich ist das beliebteste Nahziel der Deutschen. Die Alpenrepublik mag hier und da etwas hügelig sein für ungeübte Radfahrer. Dafür locken eine hervorragende Infrastruktur und erstklassige Gastronomie.

  • Während in Deutschland Autos in einem Abstand von 1,5 Metern innerorts und 2,0 Metern außerorts überholen müssen, müssen sie in Österreich nur einen „ausreichenden“ Abstand einhalten.
  • Das Nebeneinanderfahren auf allgemeinen Fahrbahnen ist in Österreich grundsätzlich verboten. Ausnahme: Trainingsfahrten mit dem Rennrad.
  • Promillegrenze für Radfahrende: 0,8.
  • Pedelecs gelten bei Tretunterstützung bis 25 km/h und bis 600 Watt Leistung als Fahrrad
  • Kinder bis 12 Jahre müssen einen Helm tragen. Allein fahren dürfen sie nur mit Fahrradausweis ab 10 Jahren.
  • Ist das Fahrrad oder ein Anhänger breiter als einen Meter, darf damit nicht auf Fahrradanlagen gefahren werden.
  • An ungeregelten Radfahr-Überfahrten gilt eine maximale Annäherungsgeschwindigkeit von 10 km/h.
Zwei Stars der Niederlande in einem Bild: Die Windmühlen von Kinderdijk und niederländische Radwege [Bildquelle: picture alliance / NurPhoto | Nicolas Economou]

Niederlande: Vielerorts Vorfahrt fürs Rad

Die Niederlande gelten als Fahrradnation Nummer eins in Europa. Radfahrende genießen quer durchs Land nicht nur eine beispielhafte Infrastruktur. Sie erfreuen sich auch an einigen Sonderrechten, die es anderswo so nicht gibt – etwa der Vorfahrt an vielen Kreisverkehren.

  • In den Niederlanden verfügen viele Radverkehrsanlagen über eigene Signalgebung und getrennte Verkehrsführung. Es existieren auch Verkehrszeichen, die Radfahrenden das Recht auf Rechtsabbiegen bei Rot einräumen.
  • An Kreisverkehren genießen Radfahrende häufig Vorfahrt. Entsprechende Schilder weisen darauf hin.
  • Maximal zwei Radfahrende dürfen nebeneinander fahren – wenn sie den Verkehr nicht behindern. Dies gilt mittlerweile auch in Deutschland.
  • Kinder bis 8 Jahren dürfen auf einem Kindersitz auf dem Rad mitfahren (in Deutschland: 6 Jahre).
  • Radfahrende dürfen einander nur links überholen, andere Fahrzeuge auch rechts.
  • Promillegrenze: 0,5 (gilt auch für Radfahrende).

Frankreich: Warnwestenpflicht bei schlechter Sicht

Frankreich hat in den letzten Jahren das Fahrrad neu entdeckt. Galt es lange nur als Sportgerät, nimmt die Metropole Paris nun eine Vorreiterrolle ein bei der Installation neuer Fahrrad-Infrastruktur.

  • Helmpflicht für Kinder unter 12 Jahren.
  • Bei Dunkelheit oder schlechter Sicht: Warnweste außerhalb geschlossener Ortschaften Pflicht.
  • Radwege-Benutzungspflicht gilt nicht für Räder mit Fahrradanhänger.
  • Ein Vorfahrt-Beachten-Schild mit gelbem Fahrradsymbol bedeutet: In vorgegebenen Richtungen dürfen Radfahrende bei Rot fahren.
  • Promillegrenze: 0,5.
  • Warnschild für Fahrradträger am Auto ist Pflicht.
  • Telefon-Headsets sind auch für Radfahrende verboten.
Fahrradfahrer in Paris
Die Sehenswürdigkeiten von Paris sind mit dem Fahrrad schnell erkundet. Die schöne Aussicht darf jedoch nicht von den nationalen Verkehrsregeln ablenken [Bildquelle: PHOTOPQR/LE PARISIEN/Ph Lavieille / Picture-Alliance]

Italien: Handy-Headsets verboten

Italien gilt als fahrradbegeistert, zumindest in Bezug auf den Radsport. Aber auch in den Städten tut sich etwas: So hat Mailand kürzlich einen großen Fahrradinfrastruktur-Plan vorgestellt. Besonderheit: Ein Hupen meinen Autofahrende meist freundlich und nicht aggressiv. 

  • Promillegrenze: 0,5.
  • Maximallänge für Gespanne aus Fahrrad und Kinder-Anhänger: Drei Meter
  • Telefon-Headsets sind auch für Radfahrende verboten.
  • Warnwesten-Pflicht außerhalb geschlossener Ortschaften und in Tunneln bei Dunkelheit.

Polen: Radwege-Benutzungspflicht

Polen lockt vor allem mit viel Natur: Die Seenlandschaft der Masuren, Europas letzter Flachland-Urwald und zahlreiche schöne Städte eignen sich für Radtouren. Vor allem in den Städten gilt Radfahren zunehmend als „schick“.

  • Promillegrenze: 0,2.
  • Gibt es einen Radweg, darf die Straße meist nicht befahren werden.
  • Beträgt das Tempolimit auf einer Straße mehr als 50 km/h, dürfen Radfahrende generell den Fußweg nutzen, wenn er mindestens zwei Meter breit ist.

Belgien: Nur wenige Unterschiede

Die Fahrrad-Regeln in Belgien unterscheiden sich nur wenig von denen in Deutschland. Vorteile: Schöne Landschaften, nur wenige Hügel. In dem eher kleinen Land liegen die Städte nah beieinander.

  • Promillegrenze: 0,5.
  • Kinder unter 10 Jahren dürfen den Bürgersteig befahren, Kinder über 10 Jahren, wenn es keinen Radweg gibt.
  • Radfahrende müssen einen Radweg nutzen, wenn er durch Bodenmarkierungen gekennzeichnet ist.
Fahrrad Dänemark
Dänemark ist Fahrradland - auch, wenn es mal regnet [Bildquelle: picture alliance/dpa/BELGA | James Arthur Gekiere]

Dänemark: Links abbiegen nur indirekt

Dänemark ist ein ideales Fahrradland: Es gibt praktisch nur flaches Land, und das Rad genießt in Dänemark eine hohe Wertschätzung. Die Infrastruktur sucht daher ihresgleichen. Besonderheit: Keine Promillegrenze für Radfahrende.

  • Radfahrende über 15 Jahre dürfen bis zu zwei Kinder unter 8 Jahren auf dem Rad transportieren.
  • Fahren Kinder im Fahrradanhänger mit, gilt keine Altersbegrenzung.
  • Links abbiegen ist nur indirekt gestattet, Radfahrende müssen also zunächst in gerader Richtung die Kreuzung überqueren. Ausnahmen sind beschildert.
  • Fahrräder sollen grundsätzlich nicht nebeneinander fahren, außer die Verkehrssituation erlaubt es. Für mehrspurige Fahrräder ist es generell untersagt.
  • Für Radfahrende gilt keine Promillegrenze. Das bedeutet aber auch: Stellt die Polizei in einer Kontrolle die Fahruntauglichkeit fest, wird es teuer.

Tschechien: Null Promille auf dem Rad

Tschechien ist „im Kommen“. Unser südöstlicher Nachbar verfügt über ein gut ausgebautes Fahrradwegenetz, wunderschöne Nationalparks und einige hervorragende Routen, etwa den südlichen Teil des Elbe-Radwegs und einen Radweg entlang der Moldau.

  • Helmpflicht für alle Kinder bis 18 Jahre.
  • Rauchen auf dem Fahrrad ist untersagt.
  • Fahrradanhänger dürfen maximal 90 Zentimeter Breite aufweisen. Beim Transport von Kindern müssen sie mit einer Fahne ausgestattet sein.
  • Es besteht Radwegebenutzungspflicht.
  • Für Radfahrende gilt wie für Autofahrende absolutes Alkoholverbot am Lenker: 0 Promille.
Der Radwanderweg am historischen Bata Kanal gehört zu den beliebtesten Ausflugszielen in Tschechien [Bildquelle: picture alliance/dpa/CTK | Drahoslav Ramik]

Schweiz: Keine Klingel vorgeschrieben

Die Schweiz ist kein Mitglied der EU. Daher unterscheiden sich einige Regeln für Fahrradfahrende deutlicher als in anderen Nachbarländern. Zum Beispiel müssen Fahrräder keine Klingel montiert haben.

  • Es gilt eine generelle Radwege-Benutzungspflicht, sofern diese gekennzeichnet sind.
  • Radwege-Benutzungspflicht für S-Pedelecs (in den meisten anderen Ländern untersagt).
  • Promillegrenze: 0,5.
  • Kinder, die „die Pedale treten können“, dürfen unter Aufsicht auf der Fahrbahn fahren, wenn kein Radweg vorhanden ist.
  • Nur auf Radwegen dürfen Radfahrende nebeneinander fahren, auf der Straße nicht.
  • Wo ausgeschildert, dürfen Radfahrende bei Rot rechts abbiegen.
  • Radfahrende dürfen Busspuren nur befahren, wenn dies explizit ein Schild gestattet.
  • Die Schweiz schreibt keine Fahrradklingel vor.
  • Wer vorsichtig ist, darf mit dem Fahrrad seinen Hund Gassi führen.
  • Das Nebeneinanderfahren auf der Fahrbahn ist nicht gestattet.

Spanien: Helmpflicht und Headset-Verbot

Spanien zählt nicht zu Deutschlands Nachbarländern, ist aber das beliebteste Reiseziel der Deutschen für längere Reisen. Daher nehmen wir hier auch wichtige Unterschiede aus der spanischen Straßenverkehrsordnung zu den bei uns geltenden Regeln auf:

  • Radfahrende dürfen zu zweit nebeneinander fahren, wenn dies nicht ausdrücklich ein Schild untersagt.
  • Radgruppen müssen geschlossen überholt werden.
  • Helmpflicht für alle außerhalb geschlossener Ortschaften, bis 16 Jahren auch innerorts.
  • Wenn vorhanden, müssen Radfahrer Radweg oder Randstreifen nutzen.
  • Höchstgeschwindigkeit für Rennräder: 45 km/h.
  • Pedelecs gelten bis 45 km/h als Fahrrad.
  • Telefon-Headsets und andere Kopfhörer dürfen nicht beim Fahren benutzt werden.
  • Promillegrenze: 0,5. Ab 1,2 Promille gilt Trunkenheit im Straßenverkehr als Straftat.
Urlaub in Spanien: Die Platja de Palma auf Mallorca lässt sich hervorragend mit dem Fahrrad erkunden [Bildquelle: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Augst]

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