Elektronikmesse CES 2022 – Das sind die Highlights der CES

Auf der CES in Las Vegas zeigen neue Hersteller, wie sie sich die Zukunft vorstellen. Aber auch bekannte Autobauer kommen mit interessanten Ansätzen.

Fabian Hoberg
Fabian Hoberg
VinFast CES2022
Das 2017 gegründete vietnamesische Automobilunternehmen Vinfast präsentiert seine Fahrzeug-Konzepte zum ersten Mal auf der CES (Consumer Electronics Show) [Bildquelle: VinFast]

Nach einem Jahr Pause startete am 5. Januar 2022 wieder physisch die größte Digitalmesse Consumer Electronics Show (CES). In der Spieler- und Messestadt Las Vegas zeigten über 4.500 Aussteller bis zum 7. Januar ihre Neuheiten, setzten Trends und gaben einen Ausblick in die Zukunft. 2021 fand die Messe als reine Online-Veranstaltung statt, dieses Jahr wieder in Präsens. Auch wenn einige Hersteller, darunter Daimler und BMW, nur ein paar Tage vorher ihr Kommen wegen der Omikron-Variante abgesagt haben.

Doch die Überraschungen kamen eh von anderen Unternehmen. Und die waren vor Ort. Neben Elektronikkonzernen wie Sony präsentieren einige Autohersteller und Zulieferer ihre technischen Neuheiten, darunter BMW, Sony, Togg, John Deere, Stellantis und VinFast. Die Themen der Elektronikmesse: Digitalisierung, Internet der Dinge, autonomes und elektrisches Fahren und Vernetzung. Das sind die wichtigsten Neuheiten:

Sony Vision-S 02

Die Überraschung auf der diesjährigen CES kommt von Sony. Nachdem der Elektronik-Konzern bereits vor zwei Jahren sein erstes Auto Vision-S 01 präsentiert hat, legen die Japaner nun mit einem zweiten Fahrzeug und einer Ankündigung nach. Damals wollte Sony mit dem Konzeptfahrzeug seine Sensor- und Kameratechnik sowie Innenraumunterhaltung demonstrieren. Der neue Sony Vision-S 02 kommt als 4,85 Meter langes SUV, das von zwei Elektromotoren mit jeweils 272 PS (200 kW) angetrieben wird. Damit soll der rund 2,5 Tonnen schwere S 02 über 180 km/h schnell fahren. Design und Technik ähneln der Studie S01. Im Innenraum setzt Sony auf die eigene Kernkompetenz und stellt den Passagieren drei aneinandergereihte Bildschirme zur Verfügung. Links und rechts der beiden kleineren Bildschirmen sitzen Displays der Kamera-Außenspiegel. Ein weiterer Bildschirm mit Touchfunktion auf der Mittelkonsole gibt zusätzliche Infos an. Im Vision-S 02 steckt zudem eine umfangreiche Sensorik, die das Umfeld des Fahrzeugs beim automatisierten Fahren überwacht. Im Innenraum erkennen Sensoren Gesten der Insassen und erleichtern die Bedienung. Wie lange die Batterie für die E-Maschinen hält und wie groß sie ist, verrät Sony nicht. Auch nicht, ob das siebensitzige SUV jemals in Serie gehen wird. Dafür gaben die Japaner allerdings bekannt, mit der neugegründeten Firma Sony Mobility in die Automobilbranche einzusteigen. Ob sie tatsächlich eigene Fahrzeuge bauen wollen, steht aber noch nicht fest.

Zwei Sony Vision S02 Fahrzeuge nebeneinander
Der Technikkonzern Sony stellt auf der CES-Automesse in Las Vegas, Nevada den Vision-S02 vor [Bildquelle: Sony]

VinFast

Der neue vietnamesische Elektro-Autohersteller VinFast will sein Modellprogramm ausbauen und sucht einen Produktionsstandort in Deutschland. Das gab der neue Hersteller auf der CES bekannt. Unterstützt wird das Unternehmen dabei von der deutschen Außenwirtschaftsagentur Germany Trade and Invest (GTAI). „Die Zeiten seien vorbei, Autos über die halbe Welt zu verschiffen“, sagte CEO Le Thi Thu Thuy. 2024 soll eine Fabrik in den USA entstehen, wenig später eine in Deutschland. Hoch gehandelt wird derzeit Thüringen. Die Vietnamesen geben mächtig Strom: In Hai Phong hat die Marke eine hochautomatisierte Produktion aufgebaut, anfangs für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Verbrenner soll es aber künftig nicht mehr geben. Vor wenige Wochen präsentierte VinFast auf der L.A. Autoshow die beiden elektrischen Modelle VF 8 (damals noch als e35) und VF 9 (e36), nun folgen gleich drei neue Modelle namens VF 5, VF 6 und VF 7. Die Elektrofahrzeuge VF 8 und VF 9 arbeiten beide mit einem 408 PS starken E-Motor. Während der 4,75 Meter lange VF 8 auf eine Batterie mit 86 kWh setzt, steckt im 5,12 Meter langen VF 9 ein Akku mit 95 kWh Kapazität. Das soll für eine Reichweite von 500 und 550 Kilometer sorgen. Das Design der SUV stammt von Pininfarina, Ex-Opel-Chef Michael Lohscheller schob das neue Unternehmen ein paar Monate mit an. Ende des Jahres wurden die ersten Autos mit einer zehnjährigen Garantie (oder 200.000 Kilometer Laufleistung) in Vietnam verkauft. Künftig bietet VinFast die Batterie zur Miete an. Preise nannte VinFast für Deutschland noch nicht, die Autos sind ab Frühjahr aber bestellbar und sollen Ende des Jahres ausgeliefert werden.

Togg

Als erster türkischer Hersteller will Togg alles anders machen als bisherige Autohersteller. Das Konsortium aus fünf führenden türkischen Unternehmen (Anadolu Group, BMC, Kıraça Holding, Turkcell und Zorlu Holding) plant kein Auto, sondern ein rollendes Unterhaltungsgerät. Togg bedeutet Türkiye’nin Otomobili Girişim Grubu (TOGG). Schwerpunkt bei der Entwicklung liege nicht beim Auto, sondern bei der Elektronik und einem passenden Ökosystem. Dieses soll schneller und natürlicher arbeiten als bisherige automotive Systeme und mit neuen Mobilitätslösungen ergänzt werden.

Das Design der künftigen Autos kommt von Pininfarina, die Entwicklungsexpertise von einem namhaften Zulieferer. Togg will für seine Fahrzeuge zwei verschiedene Akkus anbieten: eine Lithium-Ionen-Batterie für entweder über 300 oder mehr als 500 Kilometer. Als Antriebe dienen ebenso zwei Varianten: Beim Basismodell arbeitet eine 203-PS-Elektromaschine an der Hinterachse, in der höheren Variante kommt eine gleichstarke E-Maschine an der Vorderachse hinzu. Der Innenraum bietet dann Platz für fünf Personen, die auf digitale Instrumente und Displays blicken und die sich mit dem Smartphone und anderen elektronischen Geräten verbinden lassen. Zudem soll das Infotainment-System Augmented-Reality-Funktionen bieten. Togg plant mit dem ersten Fahrzeug, einem kompakten SUV, noch Ende des Jahres im Werk in Gemlik. Zuerst für den türkischen Markt, später auch für europäische Märkte wie Deutschland. Bis 2030 will das Unternehmen fünf vernetzte Elektrofahrzeugmodelle auf einer gemeinsamen Architektur bauen.

BMW iX e-ink Folie CES2022
Mit Hilfe einer speziellen e-ink Folie, werden zukünftige BMW-Modelle in bichromen Lackierungen erhältlich sein [Bildquelle: BMW]

Mercedes-Benz Vision EQXX

Die Reichweitenangst von Elektro-Zögerern will Mercedes mit der Studie Vision EQXX nehmen. Das Konzeptfahrzeug hat eine um die Hälfte kleinere Batterie im Vergleich zum EQS, ist zudem 30 Prozent leichter, kann aber die gleiche Energiemenge speichern wie bisherige 107,8-kWh-Batterien. Mit einer sehr hohen Energiedichte und spezieller Software soll das Konzeptfahrzeug mit einer Ladung laut Simulation rund 1.000 Kilometer weit kommen, nach WLTP-Zyklus sogar deutlich mehr. Neben einer besonders effizienten Software sorgen besonders leichte und ressourcenschonende Materialien sowie ein niedriger Luftwiderstandsbeiwert für einen geringen Stromverbrauch. Liegt der cW-Wert beim Serien-EQS bei 0,20 kommt er beim Konzeptfahrzeug auf 0,17. Den Verbrauch geben die Stuttgarter mit 10 kWh pro 100 Kilometer an – Kompaktfahrzeuge verbrauchen meist rund 15 kWh pro 100 Kilometer. Nach Aussagen von Mercedes wird es ein Elektrofahrzeug mit „maximaler Effizienz und Reichweite“. Es soll nicht bei einer Fingerübung bleiben: Die Technik der Batterie passt in die nächste Generation der Kompakt- und Mittelklassewagen von Mercedes, wie dem EQA oder EQC.

BMW

BMW wollte auf der CES gleich drei Neuheiten zeigen, hat die Präsentation aber nun digital durchgeführt – und in weiser Voraussicht einigen Journalisten die Neuheiten vorher in München erklärt. Als Höhepunkt dürfte auf der Messe der iX M60 gelten. Das große SUV oberhalb des iX M50 setzt auf eine Batterie mit 115,5 kWh Kapazität und einer Systemleistung von 619 PS und bis zu 1.100 Nm. In 3,8 Sekunden sprintet das SUV auf 100 km/h und wird insgesamt bis zu 250 km/h schnell. Mit einer Akkuladung fährt der iX M60 im Bestfall 566 Kilometer weit. Im Bediensystem iDrive sind erstmals zwei neue Modi verfügbar, die sich stärker individualisieren lassen, je nach Situation und Stimmung. Mit einem Basispreis von 132.000 Euro ist der iX M60 deutlich teurer als der iDrive50, der mindestens 100.000 Euro kostet.

Für mehr Sound bei BMW-E-Fahrzeugen wie dem i4 und iX sorgen ab Sommer die BMW IconicSoundsElectric in Zusammenarbeit mit Hollywood-Filmmusiker Hans Zimmer. Eine besondere Unterhaltung für Fond-Passagiere bietet das sogenannte „In-Car Movie-Theatre“. Dabei schauen Passagiere auf einen ausklappbaren 31-Zoll-Monitor mit einer Auflösung von 8K, der die kleineren Tablets an den Kopfstützen ersetzen soll. Denkbar ist der Einsatz des neuen Unterhaltungssystems mit Dolby-Surround in der nächsten Generation des 7er (ab 2022), aber auch in den nächsten Modellen des X5, X6 und 5er.

Mit einer speziellen e-Ink-Folie will BMW künftig seine Fahrzeuge farbiger gestalten. Per Knopfdruck lässt sich die Farbe der Karosserie ändern, derzeit nur von Weiß auf Schwarz. Elektrische Impulse regen unterschiedliche Farbpigmente an der Oberfläche an, die daraufhin die Farbe der Karosserie ändert. Das soll die Heizung- und Klimaenergie reduzieren: Eine weiße Oberfläche heizt im Sommer den Innenraum weniger auf, eine schwarze im Winter mehr. Zudem kann die elektronische Schrift auf der elektrophoretischen Folie auch als Kommunikation mit Verkehrsteilnehmern verwendet werden.

Chevrolet Silverado EV CES2022
Der Chevrolet Silverado EV soll ab 2024 erhältlich sein. Der Pickup verfügt über zwei Motoren, die alle vier Räder mit bis zu 664 PS antreiben [Bildquelle: Chevrolet]

GM Chevrolet Silverado EV, Equinox EV und Blaze EV

GM-Chefin Mary Barra nutzte eine digitale Keynote auf der CES, um gleich drei Fahrzeuge zu präsentieren. Mit dem Silverado EV steht ab 2024 ein elektrischer Pick-up bei den GM-Händlern im Showroom. Zwei Motoren treiben alle vier Räder mit bis zu 664 PS und einem Drehmoment von über 1.063 Newtonmetern an. Von 0 auf 100 km/h sprintet der Pick-up in 4,5 Sekunden. Mit einer Batterieladung soll der Silverado bis zu 650 Kilometer weit fahren können, mit einer DC-Schnellladung bei 350 kW lassen sich in 10 Minuten 150 Kilometer Reichweite zurückgewinnen. Der Preis beginnt bei 40.000 Dollar und steigt je nach Ausstattung, Motorisierung und Batterie (bis zu 200 kWh) auf bis zu 107.000 Dollar. Zudem hat GM zwei weitere Elektro-Fahrzeuge angekündigt: den Chevrolet Equinox EV 2024 und den Blazer EV 2023, die beide auf der Ultium EV-Architektur von GM basieren. Während die Preise für den Blazer noch nicht genannt wurden, wird der Equinox mit einem Einstiegspreis von etwa 30.000 Dollar auf den Markt kommen.

Chrysler Airflow

Mit dem Airflow will Chrysler Teslas Model 3 und Fords Mustang Mach-e Konkurrenz machen. Als Marke des Stellantis-Konzerns (neben Chrysler noch Alfa Romeo, Fiat, Opel, Peugeot, Citroen, Dodge, Jeep, Lancia, Maserati, Peugeot und Ram) zeigt Chrysler ein rein elektrisches SUV auf einer neuen Plattform. Die Studie Airflow soll mit einer Batterieladung bis zu 708 Kilometer weit fahren. Als Antrieb dienen E-Motoren mit einer Leistung zwischen 170 und 245 PS – optional ist eine Allradversion wahrscheinlich. Im Innenraum geht es futuristisch zu: Drei Monitore informieren und unterhalten die Passagiere während der Fahrt. Chrysler plant mit dem Serienstart des Airflows spätestens 2024, weitere Marken sollen folgen. Der Name geht zurück auf ein 1934 vorgestelltes Modell, das besonders stromlinienförmig war und damals für Aufsehen sorgte. Die Design-Studie gibt es schon seit 2020 und wurde seitdem schon öfters gezeigt, jetzt ist die Serienproduktion aber offiziell bestätigt.

Cake Bikes

Auch mit einem Elektromotor, aber weniger Rädern präsentiert Cake aus Schweden seine neue Produktpalette. Die Räder sind reine Nutzfahrzeuge und lassen sich je nach Anwendungszweck konfigurieren. Praktisch: eine große Batterie, die in der Mitte des Rahmens sitzt und sich einfach zum Laden entfernen lässt. Neben Rädern für Handwerksbetriebe oder Zulieferer in Städten bieten die Schweden dazu noch einen Anhänger an, aber auch Motorräder. Das günstigste Lastenrad mit 4,8-PS-E-Antrieb und einer Spitzengeschwindigkeit von rund 50 km/h kostet rund 3.800 Dollar.

Hyundai

Eine kleine Mobilitätsplattform namens „Mobile Eccentric Droid (MobED)“ stellt Hyundai vor: 67 Zentimeter lang, 60 Zentimeter breit und 33 Zentimeter hoch. Die flache, rechteckige Plattform wird von vier 12 Zoll großen Rädern mit Einzelradaufhängung angetrieben. Radstand und Lenkwinkel lassen sich frei einstellen, das Fahrzeug kann sich verschiedenen Straßenbelägen und Höhenunterschieden anpassen. An jedem Rad sitzen drei Elektromotoren, die das Gefährt auf bis zu 30 km/h beschleunigen. Mit einer Akkukapazität von 2 kWh soll der MobED bis zu vier Stunden elektrisch fahren – als Lieferwagen, Gehhilfe, Servicekraft oder elektrischer Kinderwagen.

Hyundai Mobis

Gleicher Name, andere Firma. Hyundai Mobis ist ein Zulieferer und Tochterunternehmen der Automarke und hat als solcher ein Konzept für einen radnahen Elektroantrieb entwickelt. Darin enthalten sind Antrieb, Federung, Lenkung und Bremse. Dank der kompakten Maße lassen sich die Räder des Konzeptautos um 90 Grad einschlagen, der Wendekreis fällt dadurch gering aus: Das Auto kann auf der Stelle drehen und im Krebsgang zur Seite fahren. 2023 soll eine Skateboard-Plattform mit vier Modulen fertiggestellt werden.

REE Automotive Leopard

Das Start-up-Unternehmen aus Israel zeigt auf der CES den Kleintransporter Leopard. Der fährt elektrisch und autonom. Auf der selbstentwickelten und flexiblen Technik-Plattform REEboard lassen sich Länge und Breite des Chassis variieren. Möglich wird das durch die eingesetzten Radnabenmotoren. Bei einer Länge zwischen 2,90 bis 3,50 Meter und 1,20 bis 1,80 Meter Breite soll der fahrerlose Leopard bis zu 7,5 Kubikmeter Ladung und bis zu 750 Kilogramm transportieren können. Für die sogenannte letzte Meile, dem Zustellen von Paketen vor Ort, sind die kompakten Maße ebenso interessant wie der kleine Wendekreis von nur 3,90 Metern. Als Antrieb dient ein E-Motor mit 136 PS, die Batterie fasst 50 kWh. REE Automotive will auf der CES die Vorteile der Plattform zeigen, eine Serienfertigung plant das Unternehmen derzeit nicht. Zudem erweitern sie gemeinsam mit Hino Motors ihre gemeinsame Vision der zukünftigen Elektromobilität auf die Entwicklung von Data-as-a-Service und Ladeinfrastrukturlösungen.

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